Glossar
biogeografische Regionen
Einteilung erster Ordnung: Jura, Mittelland, Alpennordflanke, westliche Zentralalpen, östliche Zentralalpen, Alpensüdflanke
Einteilung zweiter Ordnung: Jura und Randen, Hochrhein- und Genferseegebiet, Westliches Mittelland, Östliches Mittelland, Voralpen, Nordalpen, Westliche Zentralalpen, Östliche Zentralalpen, Südalpen, Südliches Tessin (Gonseth et al. 2001).
einheimische Arten
Als «einheimisch» werden Arten verstanden, deren natürliches Verbreitungsgebiet in der Vergangenheit oder Gegenwart ganz oder teilweise in der Schweiz lag bzw. liegt. Hinzu kommen Arten, die in Zukunft ihr Verbreitungsgebiet auf natürliche Weise in die Schweiz ausdehnen (z.B. wärmeliebende Arten aus dem Süden). Die Datenzentren führen für die meisten Organismengruppen regelmässig aktualisierte Listen mit den einheimischen Arten. Diese Listen dienen als Referenz.
funktional verbunden
Die Elemente der Ökologischen Infrastruktur stehen so zueinander in Verbindung, dass die Vernetzung den Mobilitätsansprüchen der Zielarten gerecht wird und der genetische Austausch zwischen den Teilpopulationen gewährleistet ist.
Funktionsfähigkeit
Funktionsfähig heisst, dass Populationen von prioritären Arten in den Lebensräumen langfristig überlebensfähig sind und das Netzwerk den angestrebten Beitrag an den Erhalt der Biodiversität und der Ökosysteme in der Schweiz leistet.
Kerngebiet
Kerngebiete sind räumlich und rechtlich klar definierte Flächen, die für prioritäre Arten und/oder Lebensräume wichtig sind. Sie bieten den prioritären Arten eine besonders hohe Lebensraumqualität und sind als Reproduktions-, Entwicklungsund Ausbreitungszentren (Quellpopulationen) von grosser Bedeutung.
Klimawandel
Biodiversität kann sich aufgrund des Klimawandels zum Teil irreversibel verändern, wobei indirekte Wirkungen über Veränderungen in anderen Bereichen (z.B. Landnutzung) voraussichtlich besonders relevant sein werden:
- Veränderungen der jahreszeitlichen Entwicklungen und Wachstumsperioden in der Tier- und Pflanzenwelt
- Veränderung der Interaktionen zwischen den Arten
- Veränderungen des Verbreitungsgebiets, der Verteilung und Häufigkeit von Lebensräumen, Arten und Populationen
- Aussterben von Arten
- Einwandern / Einschleppung von neuen Arten
- Beeinträchtigung von Ökosystemleistungen
- Veränderung Lebensräume (z.B. Zusammensetzung der Artengemeinschaften, Prozesse, Strukturen
kohärentes Netzwerk
Das Netzwerk besteht aus Flächen, Räumen und Elementen, die für die Erhaltung und Förderung der Biodiversität in der Schweiz von besonderer Bedeutung sind oder werden können. Sie stehen miteinander in Verbindung und sind aufeinander abgestimmt. Das Netzwerk setzt sich aus einem Verbund von Teil-Netzwerken zusammen, die sich auf unterschiedliche Arten, Lebensgemeinschaften und Ökosysteme (z.B. Wald, Moore, Gewässer, Grünland) fokussieren. Das Vorgehen für die Festlegung der Teilnetze basiert auf wissenschaftlichen/fachlichen Grundlagen. Die gewählten Methoden sind soweit zueinander kompatibel, dass die Teilnetze auf den verschiedenen Planungsebenen zu einem einheitlichen, nachvollziehbaren und zusammenhängenden – also kohärenten – Netzwerk verbunden werden können. Das Netzwerk aus langfristig gesicherten Flächen, Räumen und Elementen muss sich verändernden Bedingungen anpassen können (z.B. infolge Klimawandel, Verdichtungen im Siedlungsgebiet, neue wissenschaftliche Erkenntnisse, neue Planungsinstrumente und Nutzungen, Sukzession usw.).
Landschaftsqualität
Gemäss dem Merkblatt «Kantonale Landschaftskonzeption und kohärente Landschaftsqualitätsziele» (BAFU 2015) ist Landschaftsqualität ein Zustand der Landschaft, der sich auf ihren spezifischen Charakter (also die Eigenart, Vielfalt und Schönheit) abstützt und gesellschaftliche Ansprüche an die Landschaft einbezieht. Die Qualität einer Landschaft lässt sich über ihre ökologischen, ästhetischen, kulturellen, wirtschaftlichen und emotionalen Elemente und Werte definieren. Eine hohe Landschaftsqualität ist vorhanden, wenn der Landschaftscharakter und ihre besonderen Werte gut ausgebildet sind und die multifunktionalen Landschaftsleistungen nachhaltig erbracht werden.
Ökosystemleistungen
Wichtige Leistungen, zu denen die Ökologische Infrastruktur beiträgt, sind insbesondere:
- Erholung durch städtische Grün- und Freiräume sowie Nah- und Fernerholungsräume
- Identitätsstiftung durch schöne und charakteristische Landschaften (Naturund Kulturerbe)
- gute Luftqualität
- Schutz vor Lärm
- Versorgung mit sauberem Trinkwasser
- Schutz vor Naturgefahren
- gutes Lokalklima
- Bestäubung und Schädlingsbekämpfung
- Langfristig fruchtbarer Boden
- Genetische Ressourcen und biochemische Wirkstoffe
- Natur als Ort der Bildung (Natur als Spielplatz, Erlernen von ökologischen Zusammenhängen)
- Erhaltung und Förderung der charakteristischen Landschaften der Schweiz in ihrer Vielfalt, Schönheit und Eigenart
prioritäre und gefährdete Arten und Lebensräume
Prioritäre Arten und Lebensräume: Die Prioritätsbestimmung im Hinblick auf die Erhaltung und Förderung von Arten (BAFU 2011) und Lebensräumen wurde von FachexpertInnen aufgrund des Gefährdungsgrads und der internationalen Verantwortung der Schweiz vorgenommen. Gefährdete Arten und Lebensräume: Die Einstufung als «gefährdet» richtet sich nach den Kategorien und Kriterien der IUCN. Über ein Drittel aller für die Roten Listen bewerteten Arten gelten als gefährdet (Cordillot und Klaus 2011). Von den beurteilten Lebensraumtypen der Schweiz steht fast die Hälfte auf der entsprechenden Roten Liste (Delarze et al. 2016). Welche Arten und Lebensräume bei der regionalen und lokalen Planung und Umsetzung der Ökologischen Infrastruktur im Vordergrund stehen, ist je nach Region unterschiedlich. Besondere Sorge gilt jenen Arten und Lebensräumen, für die die Schweiz eine internationale Verantwortung trägt. Eine grosse Bedeutung haben neben den prioritären Arten auch die charakteristischen, mittelhäufigen Arten in den jeweiligen Regionen. Wichtige fachliche Grundlagen sind dabei unter anderem die schweizerischen und kantonalen Datenbanken zu Artvorkommen.
raumplanerische Instrumente
Die Ökologischen Infrastruktur hat eine hohe Bedeutung in der Raumordnungspolitik der Schweiz. Sie hat den gleichen Stellenwert wie die Grauen Infrastrukturen (z.B. Strassen- und Eisenbahnnetz, Rohrleitungen, Stromnetz) und verfügt über einen Sachplan. Die Raumplanung spielt bei der Umsetzung der Ökologischen Infrastruktur eine Schlüsselrolle. Deren Instrumente der behördenverbindlichen und eigentümerverbindlichen Planung und Festlegung kommen beim Aufbau und Betrieb der Ökologischen Infrastruktur zur Anwendung. Die auf die Ansprüche der Lebensräume und Arten ausgerichtete Pflege und Nutzung in den Teilflächen der Ökologischen Infrastruktur muss langfristig gesichert sein: in den Kerngebieten mittels rechtlichem, grundeigentümerverbindlichem Schutz, der die zielgemässe Pflege bzw. Nutzung sicherstellt; in den Vernetzungsgebieten zumindest mit Richtplaneintrag und langfristigen Verträgen.
Regenerationsfähigkeit
Die Ökologische Infrastruktur ist so konzipiert und umgesetzt, dass die Resilienz der Ökosysteme gewährleistet ist (d.h. ihre Fähigkeit, sich nach Störungen rasch wieder zu regenerieren und die zentralen Funktionen aufrechtzuerhalten).
sektorübergreifend
Aufbau und Betrieb der Ökologischen Infrastruktur sind als ein Gemeinschaftswerk aller wichtigen raumwirksamen Sektoralpolitiken konzipiert. Diese sichern gemeinsam auch die langfristige Finanzierung.
überlebensfähige Bestände
Die prioritären Arten werden so gefördert, dass sie in der Schweiz langfristig überleben und sich evolutionär weiterentwickeln können. Dazu muss in den jeweiligen Regionen eine gemäss aktuellem Wissensstand ausreichende Populationsgrösse vorhanden sein.
Vernetzungsgebiet
Vernetzungsgebiete sind klar definierte Flächen und Räume, die die Kerngebiete verbinden und die Durchlässigkeit der Landschaft für Tier-, Pflanzen- und Pilzarten gewährleisten. Als Ausbreitungsräume, Trittsteine und Korridore ermöglichen sie die tägliche Mobilität, die saisonalen Wanderungen, die Ausbreitung der Zielarten von einem Kerngebiet zum nächsten sowie die Besiedlung neuer Gebiete und Regionen (z.B. im Verlauf des Klimawandels). Als höchstens extensiv genutzte Flächen bieten sie vielen Arten einen Lebensraum. Künstliche Verbindungselemente wie Grünbrücken, Kleintierdurchlässe, Fischauf- und -abstiege etc. sind spezielle Typen von Vernetzungsgebieten.